Sonntag, 15. August 2010

Saxi allein im Park

Es ist eine Frage des Standpunktes, ob Autos mit Benzinmotor noch eine lange Zukunft haben oder ob wir demnächst alle elektrisch fahren. Glaubt man den Ausführungen des Auto-Ressorts auf Spiegel Online, wo heute schon gefühlt jeder zweite Artikel von einem E-Mobil handelt, kann es nicht mehr lange dauern. Auch die Energieversorger geben sich redlich Mühe beim Vermitteln des Eindrucks, die Dichte an Elektro-Zapfsäulen nähere sich stetig der von McDonalds-Filialen an. RWE zum Beispiel beschwört sogar seine Vergangenheit als Betreiber der Tankstellenkette DEA herauf und lässt die damaligen Werbefiguren für sein neues Netz an Strom-Tankstellen werben.

Die wahre Verbreitung von Elektromobilen und öffentlichen Stromtankstellen sieht indes etwas anders aus. Experten sprechen von derzeit rund 2.000 in Deutschland für den Straßenverkehr zugelassenen Elektro-Pkw. Rein statistisch bedeutet das: Auf 24.800 Pkw mit Verbrennungsmotor kommt einer mit Strom im Tank. Gemessen daran sind etwa Lamborghinis relativ alltägliche Erscheinungen im Straßenverkehr. Ähnlich schütter dürfte im Moment noch der Bestand an öffentlich zugänglichen Stromzapfsäulen sein, zumal die Zugangshürden nicht ohne sind. Um etwa bei E-On tanken zu dürfen, sollte man gute Beziehungen zum Besitzer des Grundstücks haben, auf dem die Säule steht. Auf dem großen, recht kargen gepflasterten Platz vor meinem Büro direkt am Münchner Hauptbahnhof steht zum Beispiel eine solche Säule. Normalerweise dürfen nur wenige Autos auf diesen Platz, versenkbare Poller halten vorwitzige Kurierfahrer oder Parkplatzsuchende zurück - und wer es wagt, mit seinem Motorrad zwischen den Pollern hindurch zu fahren und es dort abzustellen, bekommt einen Rüffel von der Hausverwaltung. Als diese Säule dort vor einem Jahr aufgestellt wurde, diente sie nur einem Zweck: Um einen Mini-E aufzuladen, den die Redaktion der Boulevard-Zeitung "tz" im Dauertest hatte.

Den Elektro-Mini habe ich dort schon lange nicht mehr gesehen. Doch neulich traf ich dort ein noch selteneres Gefährt, einen Horlacher Saxi. Von dem knubbeligen Teil wurden um 1996 in der Schweiz zehn Stück für eine Messe gebaut und anschließend verkauft. Der himmelblaue Saxi gehört einem Münchner Arzt, der damit angeblich täglich zur Arbeit fährt. Die Spitzengeschwindigkeit beträgt 80 km/h, die Reichweite liegt bei 50 bis 80 km. Falls ihr auf dem Bild die Türen zum Einsteigen vermisst: Der Saxi hat nur zwei im Heck, die sich wie bei einer U-Bahn zu den Seiten schieben und einen nahezu ebenerdigen Einstieg ermöglichen. Vier Passagiere passen so in das Auto, gegen das sogar ein Smart stämmig wirkt. Was der Besitzer des seltenen Wagens dem Hausverwalter gegeben hat, damit er die E-On-Säule benutzen darf, weiß ich nicht. Aber immerhin steht sie jetzt nicht mehr so einsam herum und muss mit ihrer Leuchtstoffröhre den tristen Platz beleuchten.
Update: Seit etwa zwei Wochen ist Saxi weg. Und die Säule von E-On auch. Soviel zum Thema Elektromobilität.

2 Kommentare:

  1. wär schön gewesen, wenn man mir ein mail schickt wenn man über mein auto schreibt! netter artikel- aber erst war natürlich die säule weg, dann der saxi!

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  2. Hallo, weiss jemand wo man so ein gebrauchtes Saxi herbekommt? Bin dringend auf der Suche nach einem fahrbereiten bzw. renovierungsbedürftigem Saxi.

    Vielen Dank!

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